Lecture: 20100 Vertragliche Schuldverhältnisse mit Vertragsgestaltung (WiSe 21/22)
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Sehr geehrter Herr Prof. Riehm,

Angesichts der nun im Gesetz vorhandenen Definition der Beschaffenheit im §434 I 2 BGB stellt sich mir die Frage, ob ich eine Abweichung in der Beschaffenheit jeweils unter eines der Beispiele "subsumieren" muss, soweit diese unter einen der Fälle, die nicht als "sonstige Fälle" definiert sind, fällt - werden also z.B. noch unreife Äpfel geliefert , subsumiere ich unter die "Qualität" etc.?
In der alten Fassung hieß es ja "Zur Beschaffenheit gehören auch... (Abs.1 S.3) und nun "Zur Beschaffenheit gehören....". Dies fände ich sehr schwierig, reicht es also lediglich die Norm zu nennen?

Außerdem fällt es mir schwer zwischen Aliudlieferung und Abweichung von der subjektiven Beschaffenheit zu differenzieren (Bsp. Lieferung von grünen statt roten Äpfeln) - eine Aliudlieferung ist ja immer eine Abweichung von der subjektiven Beschaffenheit, wieso dann die explizite einzelne Nennung in Abs.5? Kann ich diese bei der "normalen Prüfung" der subjektiven und objektiven Anforderungen nennen oder muss ich sie gesondert ansprechen?

Vielen Dank Ihnen!
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Anonymous

Guten Tag,
vielen Dank für Ihre Fragen! ich versuche, sie nacheinander zu beantworten:
– was die einzelnen Elemente des Beschaffenheitsbegriffs (Art, Menge, Qualität, Funktionalität, …) Anbelangt, würde ich in der Fallbearbeitung in den Fällen, in welchen eindeutig eines der genannten Merkmale betroffen ist (z.B. Qualität), dieses auch erwähnen. Es geht ja jeweils um einen bestimmten Aspekt, im Hinblick auf welchen die gelieferte Sache von der vertraglich oder objektiv geschuldeten Beschaffenheit abweicht, und diesen würde ich benennen und einem „Beschaffenheitselement“ zuordnen, notfalls der Kategorie „Sonstiges Merkmal der Sache“. Der Vergleich zum bisherigen § 434 I 3 BGB passt nicht, weil es dort nicht um den Beschaffenheitsbegriff selbst ging, sondern um die Frage, welche Beschaffenheit geschuldet ist (also die objektive Sollbeschaffenheit); das fällt zukünftig unter § 434 III 1 Nr. 2b) BGB, aber eben nicht unter die Beschaffenheitsdefinition nach § 434 I 2 BGB.
– gerade die Abgrenzung zwischen aliud und Beschaffenheitsabweichung soll ja durch die Gleichstellung von aliud und Sachmangel obsolet werden. in der Fallbearbeitung würde ich daher in Fällen, die nicht völlig eindeutig sind, darauf nicht näher eingehen, sondern festhalten, dass die „Art“ der gelieferten Sache von der vertraglichen Vereinbarung abweicht, sodass ein "Mangel nach § 434 II 1Nr. 1 BGB i.V.m. § 434 V BGB" vorliegt. Tatsächlich enthält § 434 V BGB nur eine Klarstellung, die auch durch die Richtlinie nicht vorgegangen gegeben war, sondern an die bisher bestehende Rechtslage in § 434 III BGB anknüpft. Der Vorschrift kommt daher keine eigenständige Bedeutung zu.
Beste Grüße
Prof. Dr. Thomas Riehm


[Last edited by Prof. Dr. Thomas Riehm - 04.11.21 - 17:21]

Prof. Dr. Thomas Riehm
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