Seit dem Stummfilm bevölkern blutsaugende, diabolische Kreaturen die Leinwände und erscheinen – im doppelten Sinne – unsterblich. Der Vampirmythos hat seit seinen ersten filmischen Adaptionen unzählige audiovisuelle Formate hervorgebracht und wurde auf unterschiedlichste Weise adaptiert und variiert. Der auf Bram Stokers Roman Dracula (1897) basierende finstere, aristokratische Vampir wie er aus Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (Friedrich Wilhelm Murnau; 1922) oder Dracula (Tod Browning; 1931) bekannt ist, ist ein persistenter Typus (vgl. z. B. die Netflix-Produktion Dracula, 2020). Dennoch ist er nicht mehr allein repräsentativ für die äußerst diverse Darstellung der Blutsauger. Diese hat sich einer deutlichen Wandlung unterzogen, die in enger Verbindung mit dem populärkulturellen Zeitgeist stand und steht. Vampire – ursprünglich Gestalten des Horrors – scheinen alles sein zu können: Komische Figuren (z. B. What We Do in the Shadows, Jemaine Clement/Taika Waititi 2014), draufgängerische Rebellen (z. B. The Lost Boys, Joel Schumacher 1987), Projektionen jugendlichen Begehrens (z. B. Twilight, Catherine Hardwicke, 2008), Symbole weiblicher Emanzipation (z. B. Wir sind die Nacht, Dennis Gansel, 2010) oder tragische, philosophische Gestalten (z. B. Only Lovers Left Alive, Jim Jarmusch, 2014). Im Rahmen dieses Seminars soll ein Blick darauf geworfen werden, welchen Wandel die audiovisuelle Repräsentation des Vampirmythos seit ihren Ursprüngen bis heute durchlaufen hat und inwieweit es hier Konstanten gibt.

In den ersten beiden Sitzungen wird es zunächst einen thematischen Input geben. Zudem wird exemplarisch die Analyse des Films Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens (Friedrich Wilhelm Murnau; 1922) vollzogen (inkl. gemeinsamer Sichtung). Hier werden auch Fragestellungen und Leitlinien für Ihre Analyse entwickelt und schließlich die zu analysierenden Formate vorgestellt. Diese beiden einführenden Sitzungen erfolgen als Blockveranstaltung für alle Teilnehmenden des Seminars (Gruppe 1, 2 und 3) zusammen.

Die folgenden wöchentlichen Termine finden für jede Gruppe separat statt. In Kleingruppen untersuchen die Teilnehmenden des Seminars „ihren“ Film (bzw. ihre Serie) in Hinblick auf die Repräsentation von Vampiren. Die Ergebnisse werden in wöchentlichen Sitzungen vorgestellt, diskutiert und zueinander in Beziehung gesetzt. Diese Ergebnisse bilden die Basis für die Prüfungsleistung (Hausarbeit oder mündliche Prüfung – je nach StuPo).


Literatur zur Filmanalyse:
Gräf, Dennis et al 2014: „Filmsemiotik. Eine Einführung in die Analyse audiovisueller Formate“. Marburg [zuerst 2011].

Literatur zum Vampirfilm:
Bak, John S. (Hg.) 2007: Post/modern Dracula. From Victorian themes to postmodern praxis. Newcastle: Cambridge Scholars Publ.

Butler, Erik (2010): Metamorphoses of the vampire in literature and film. Cultural transformation in Europe, 1732-1933. Rochester, N.Y.: Camden House.

Equiamicus, Nicolaus (2010): Vampire. Von damals bis(s) heute. Eine Chronologie. 1. Auflage, Diedorf: Ubooks-Verlag:

Klewer, Detlef (2007): Die Kinder der Nacht. Vampire in Film und Literatur. Frankfurt am Main: Lang.

Lecouteux, Claude (2001): Die Geschichte der Vampire. Metamorphose eines Mythos. Düsseldorf: Artemis und Winkler.