Erweisen sich dynastische Repräsentation und (politische) Handlungsspielräume in der Frühen Neuzeit bei näherer Betrachtung doch nur als ein vermeintliches Spannungsfeld? Wie vielfältig die Rollen von hochadeligen Frauen in Europa sein konnten soll in diesem Hauptseminar genauer untersucht werden. Dabei soll die Rolle von Ehefrauen, Witwen und (noch) ledigen Frauen in den Blick genommen werden, ergänzt durch eigenständig politisch handelnde Äbtissinnen oder Priorinnen sowie Regentinnen. Regentschaft erweist sich bei näherer Betrachtung dabei als ein politisches Instrument, das nicht auf Frauen beschränkt war, das Frauen in der Praxis aber ausgesprochen häufig zugestanden wurde.
Im Zentrum des Hauptseminars steht die Frage, wie "weibliche Herrschaft" und politische Wirksamkeit zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert greifbar werden. Dabei sollen sowohl Biographien aus dem dynastischen Umfeld – wie etwa die Kurfürstinnen Maria Anna, Henriette Adelaide oder Therese Kunigunde von Bayern, aber auch Erzherzogin Sophie, die sich im 19. Jahrhundert am Wiener Hof den Ruf einer "Kaisermacherin" erwarb, sowie europäische Konstellationen am habsburgischen und französischen Hof analysiert werden. Nach dem Ende des Alten Reichs (1806) wird im Verlauf des 19. Jahrhunderts zusätzlich die Rolle bürgerlicher Akteurinnen in einer sich wandelnden politischen Öffentlichkeit betrachtet.

Ausgewählte Quellen und aktuelle Forschungsliteratur – darunter Briefwechsel, Memoiren, Instruktionen, Hofordnungen und zeitgenössische Bildquellen – bilden die Basis für gemeinsame Lektüre, Analyse und Diskussion. Übergreifende Themen wie Geschlechterrollen, Patronage, Emotionen in der Politik sowie die Performanz von Weiblichkeit im Herrschaftskontext strukturieren die inhaltlichen Schwerpunkte des Seminars.

Nach Möglichkeit ist eine Exkursion in eines der Staatlichen Archive Bayerns bzw. zu einer der einschlägigen Sammlungen (z.B. Bayerisches Nationalmuseum; Bayerische Gemäldesammlungen) geplant, bei der Quellen vor Ort gelesen und Objekte höfischer Repräsentation erschlossen werden können. Ein Termin hierfür wird zu Beginn des Semesters abgestimmt.