Universität Passau
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Anonym 18.01.2022, 12:10
Zuwenig- und Zuviellieferung

Sehr geehrter Herr Professor Riehm,

mir hat sich eine Frage bezüglich der Zuwenig- und Zuviellieferung gestellt.
Eine Aliudlieferung ist ja sowohl nach neuer als auch nach alter Fassung dem Sachmangel gleichgestellt.
Die Zuwenig- und Zuviellieferung war in der alten Fassung neben der Aliudlieferung dem Sachmangel ebenfalls gleichgestellt. In der neuen Fassung jedoch ist die Mengenabweichung in die Beschaffenheit und damit in den originären Sachmangelbegriff gewandert.
Ist nun die Mengenabweichung weiterhin dem Sachmangel gleichgestellt oder ist sie nun selbst für sich ein Sachmangel und falls letzteres zutrifft, ist dies eine bloße Förmelei oder hat das irgendwelche Auswirkungen?

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Anonym
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Guten Tag,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie haben mit Ihrer letzten Annahme recht: Die Mengenabweichung ist nunmehr ein Sachmangel gem. § 434 II 1 Nr. 1, 2 Var. 2 BGB (wie übrigens die Artabweichng - aliud - ebenfalls ein Sachmangel gem. § 434 II 1 Nr. 1, 2 Var. 1 BGB ist). Die Gleichstellungsregelung in § 434 V BGB ist daher insgesamt überflüssig. Warum der Gesetzgeber nur die Artabweichung darin gelassen und die Mengenabweichung herausgenommen hat, ist aus den Gesetzesmaterialien nicht ersichtlich. Es spielt wegen der ausdrücklichen Bezugnahme auf Art und Menge in § 434 II 2 Var. 1, 2 bzw. der Menge in § 434 III 2 Var. 1 BGB aber auch keine Rolle. Es hat keinerlei Auswirkungen.
Beste Grüße
Prof. Dr. Thomas Riehm

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riehm01
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Anonym 18.01.2022, 13:29

Sehr geehrter Herr Prof. Riehm,

ich hätte eine Anschlussfrage an die Frage des/der Kollegen/Kollegin und Ihre Antwort: spielt die Änderung auch keine Rolle für die Frage, ob § 281 I 2 oder 3 bzw. § 323 V 1 bzw. 2 BGB anzuwenden sind? Nach altem Recht ließ sich ja soweit ich weiß vertreten, dass die kaufrechtliche Gleichstellung der Zuweniglieferung (dh eig. einer Teilleistung) mit der Schlechtleistung für die Frage nach der Zumutbarkeit des Behaltens nicht gilt. Lässt sich das auch noch vertreten, wenn die Zuweniglieferung nunmehr ein Sachmangel ist, statt diesem nur gleichgestellt zu sein?

Vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit.

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Anonym
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Guten Tag,
Die hM wendet seit jeher auf die Zuweniglieferung § 281 I 3 bzw. § 323 V 2 BGB an, also die Regelungen über die Schlechtleistung. Für die kann sich also gar nichts ändern. Und die Gegenauffassung, die stattdessen § 281 I 2 BGB bzw. § 323 V 1 BGB anwendet, tut sich evtl. in der Begründung etwas schwerer, weil man nicht einfach nur die "Reichweite der Gleichstellung" diskutieren kann. Da die Gegenmeinung aber überwiegend teleologisch argumentiert, würde sie daran festhalten, dass die Regelungen über die Teilleistungen die geeigneteren wären. Methodisch könnte das dann in die Richtung einer teleologischen Korrektur von § 281 I 2/3 bzw. § 323 V 1/2 BGB gehen. In der Sache bleibt die Frage und bleiben die Antworten darauf aber dieselben.
Beste Grüße
Prof. Dr. Thomas Riehm

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