Universität Passau
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Anonym 18.01.2022, 22:21
Rücktritt vom Werkvertrag

Sehr geehrter Herr Prof. Riehm,

zunächst einmal möchte ich mich dem Kommilitonen von vorhin anschließen, dass ich Ihnen ebenfalls wirklich sehr dankbar bin um Ihre sehr hilfreichen Antworten im Forum!

Ich habe eine kurze Frage zum Rücktritt im Werkvertragsrecht: Wenn ein Besteller etwa ein Haus auf seinem Grundstück hat bauen lassen und nun zurücktritt (natürlich nach erfolglosem Setzen einer Frist und den weiteren Vss.) findet die Rückabwicklung ja über § 346 BGB statt. Müsste der Besteller dann das Haus, das nun auf seinem Grundstück steht, zurückübereignen? Oder liegt dann ein Fall der Wertersatzpflicht nach Abs. 2 vor? Würde dann nicht immer die Wertersatzpflicht greifen?

Bitte entschuldigen Sie diese vielleicht banale Frage, ich stehe gerade etwas auf dem Schlauch.

Vielen Dank im Voraus und einen schönen Abend!

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Anonym
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Guten Tag,
vielen Dank für Ihre Anerkennung und Ihre Frage! In Ihrem Beispielsfall mit dem auf dem Grundstück des Bestellers errichteten Gebäude ist es schon sachenrechtlich so, dass das Gebäude nicht isoliert zurückübereignet werden kann - es ist ja gem. § 946 BGB wesentlicher Bestandteil des Grundstücks und daher untrennbar im Eigentum des Grundstückseigentümer; es ist keine selbständige Sache, die übereignet werden könnte. Für diesen Fall (Unmöglichkeit der Rückgewähr in Natur) sieht, wie Sie richtig sehen, § 346 II 1 Nr. 1 BGB vor, dass an die Stelle des Rückgewähranspruchs ein Wertersatzanspruch tritt. Der Wert ist gem. § 346 II 2 BGB auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Werklohns zu ermittteln; ist das Werk mangelhaft, wird der zu ersetzende Wert des Werks entsprechend reduziert (nach Minderungsgrundsätzen). Der Wertersatzanspruch wird dann gegen den Anspruch auf Rückzahlung des Werklohns aufgerechnet.
Im praktischen Ergebnis laufen Rücktritt und Minderung daher auf das gleiche heraus, wenn das Werk nicht herausgegeben werden kann. Das gilt in der Tat bei vielen Werken, insbesondere bei unkörperlichen Werken, die nicht zurückgegeben werden können (zB eine Taxifahrt). Aber natürlich gibt es auch körperliche Werke, die rückabgewickelt werden können (auch jenseits von Werklieferungsverträgen): Wird zB ein Außenaufzug an ein Haus angebaut, kann er auch wieder abgebaut werden. Wird eine Waschmaschine angeschlossen, kann sie auch wieder deinstalliert werden, etc. Nicht alle Werke werden durch die Rückabwicklung zerstört.
Beste Grüße
Prof. Dr. Thomas Riehm

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riehm01
Offline Prof. Dr. Thomas Riehm
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