Universität Passau
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Sehr geehrter Herr Professor Riehm,

gemäß § 177 I kann ein Vertrag, der ohne Vertretungsmacht geschlossen wurde vom Vertretenen genehmigt werden.
Wie ist es aber rechtlich zu bewerten, wenn der Vertretene nur einen Teil der abgegebenen Annahme genehmigt. Gilt dies dann gem. § 150 II als Unterbreitung eines neuen Angebots? Oder kann man es über § 139 lösen, der die Gesamtnichtigkeit anordnet, außer die Parteien lassen den Willen erkennen, das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil durchzuführen.

Vielen Dank für Ihre Antwort

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dierdo01
Julius Dierdorf
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Sehr geehrter Herr Dierdorf,
vielen Dank für Ihre Frage. In der Tat kann eine Genehmigung nur "ganz oder gar nicht" erteilt werden. Eine "Genehmigung", die das abgeschlossene Rechtsgeschäft inhaltlich modifizieren würde, ist unwirksam, sodass das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam bleibt. Je nach den Umständen (insbesondere: wem gegenüber die Genehmigung abgegeben wird) kann die Genehmigung als neues Vertragsangebot angesehen werden; auf § 150 II BGB kommt es dabei nicht unmittelbar an, weil nicht nur die Annahme eines bestehenden Angebots im Raum steht, sondern der Vertrag insgesamt schon geschlossen wurde, die Genehmigung sich also auf den ganzen Vertrag  und nicht nur auf die Annahmeerklärung beziehen würde. Es wäre schlicht (unabhängig von § 150 II BGB, der aber ohnehin nur deklaratorisch wirkt) ein neues Vertragsangebot.
Der zweite von Ihnen genannte Fall kann aber auch auftreten - Ihre Formulierung "nur einen Teil der abgegebenen Annahme genehmigt" ist hier nicht ganz eindeutig (abgesehen davon, dass, wie gesagt, ohnehin nicht die Annamhe genehmigt wird, sondern der gesamte Vertrag): Denkbar ist auch, dass der Vertrag aus mehreren abgrenzbaren Teil-Rechtsgeschäften besteht (zB 10 verschiedene Warenbestellungen durch einen vollmachtlosen Vertreter), von denen der Vertretene die einen genehmigt und die anderen nicht. Dann wäre § 139 BGB zwar nicht unmittelbar anwendbar (da nicht ein Geschäft teilweise nichtig ist, sondern einzelne von mehreren Geschäften); die Norm kann aber analog zur Anwendung kommen, wenn die mehreren Geschäfte untereinander eine sog. Geschäftseinheit bilden, also von den Parteien übereinstimmend "als zusammengehörig" gewollt sind (z.B. Bestellung verschiedener Einzelkomponenten einer Anlage) - dann stellt sich die von Ihnen aufgeworfene Frage, ob die Parteien (speziell der Vertragspartner) die genehmigten Rechtsgeschäfte auch ohne die nicht genehmigten Rechtsgeschäfte gewollt hätte.
Ich hoffe, das beantwortet Ihre Frage.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Thomas Riehm

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riehm01
Offline Prof. Dr. Thomas Riehm
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Sehr geehrter Herr Professor Riehm,

vielen Dank für Ihre Antwort, die Frage ist beantwortet.

Viele Grüße

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dierdo01
Julius Dierdorf
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