Universität Passau
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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Riehm,

in Falllösungen habe ich des Öfteren gelesen, dass bei Prüfung des Anspruchs auf Werklohnzahlung aus §631 I Hs 2 BGB die Fälligkeit etwa im Anschluss an den Prüfungspunkt "Anspruch erloschen" geprüft wird.
Andererseits wird die Fälligkeit teils auch unter "Anspruch entstanden" angesprochen.
Auch bei Prüfung des Schuldnerverzugs wird ja beispielsweise ein fälliger und durchsetzbarer Anspruch vorausgesetzt, sodass diese Punkte ja eigentlich nicht beide unter "Anspruch durchsetzbar" zu gehören scheinen.
Daher stellt sich mir die Frage, wo die Fälligkeit der Vergütung im Anspruchsaufbau richtig verortet wird?

Vielen Dank!
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Anonym
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Guten Tag,
vielen Dank für Ihre Frage! Hier gibt es keine eindeutig richtige Antwort, weil schon der Aufbau in "Anspruch entstanden/erloschen/keine Einreden" keinesfalls zwingend ist, sondern eher eine (prozessual von der Beweislastverteilung inspirierte und daher durchaus logische und sinnvolle) Hilfestellung für die Gedankenordnung darstellt. Dogmatisch zählt die Fälligkeit nach hM zur Anspruchsentstehung, aber auch das ist str. und hängt stark davon ab, welchem Anspruchsbegriff man folgt. Für die Klausurlösung ist das egal und daher in aller Regel nicht zu diskutieren. Wichtig ist nur,
a) dass die Fälligkeit überhaupt geprüft wird (insbesondere beim Werklohn wegen des Erfordernisses der Abnahme), und
b) dass im Zweifelsfall deutlich ist, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Fälligkeit beim Anspruchsgläubiger liegt (es sich in der Sache also um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt).
Wenn diese beiden Punkte berücksichtigt sind, ist es gleichgültig, ob die Fälligkeit schon vor möglichen Erlöschensgründen oder erst vor möglichen Einreden geprüft wird. Nur sollte sie keinesfalls unter die Überschrift "Anspruch erloschen" oder "Kein Einreden" gepackt werden, denn die fehlende Fälligkeit ist gerade keine Einrede. Vertretbar ist aber durchaus eine Prüfung unter der Überschrift "Durchsetzbarkeit", denn eine (noch) nicht fällige Forderung ist (noch) nicht durchsetzbar, auch wenn sie tatbestandlich dem Grunde nach bereits entstanden ist. Erst recht kann die Fälligkeit außerhalb des Entstanden/Erloschen/Einreden-Schemas unter einer eigenen Überschrift geprüft werden.
Beste Grüße
Prof. Dr. Thomas Riehm

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riehm01
Offline Prof. Dr. Thomas Riehm
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