Universität Passau
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Anonym 21.07.2023, 19:54
Zwischenprüfung

Sehr geehrter Herr Professor Riehm,

Ich hätte ein paar Fragen in Bezug auf die Klausur:
1. Muss nach der Lehre der einheitlichen Pflichtverletzung für ein VertretenMüssen nur ein VertretenMüssen des Ausbleibens oder VertretenMüssen der Nichtbehebung des Defizits vorliegen oder muss für ein VertretenMüssen ein VertretenMüssen des Ausbleibens und der Nichtbehebung vorliegen? Und wie unterscheidet sich die Lehre der einheitlichen Pflichtverletzung von der Ansicht, dass für VertretenMüssen ein VertretenMüssen beim Ausbleiben oder Nichtbeheben ausreicht?
2. Ist beim Vertrag zugunsten Dritter das Vollzugsverhältnis zwischen dem Dritten und dem Schuldner ein rechtsgeschäftlicher Vertrag? Und hat der Dritte daraus einen Anspruch gehen den Schuldner oder hat der Dritte nur einen Anspruch gegen den Gläubiger?
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie meine Fragen beantworten würden.

Mit freundlichen Grüßen 

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Anonym
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Guten Abend,
danke für Ihre Fragen.

  1. Das besondere an der Lehre von der einheitlichen Pflichtverletzung ist ja, dass zwischen dem anfänglichen Ausbleiben der Leistung und der Nichtbehebung des Defizits nicht unterschieden wird. Abgestellt wird darauf, ob der pflichtwidrige Zustand bei Fristablauf vom Schuldner zu vertreten ist; das kann auf einem Verschulden irgendwo in der gesamten Kausalkette zwischen anfänglicher Nichterfüllung und späterer Nichtbehebung beruhen.
    Der Unterschied zu den Auffassungen, die zwei verschiedene Pflichtverletzungen annehmen, liegt eben genau in der Zahl der angenommenen Pflichtverletzungen. Im Ergebnis ist der Unterschied bei der - im Grundkurs bisher nur behandelten - "reinen Nichtleistung" nicht groß, weil er nur die Begründung aber nicht das Ergebnis betrifft; wesentlich größer ist der Unterschied, wenn es um eine mangelhafte Leistung geht (wo sich die Frage stellt, ob die Nicht-Nacherfüllung eine eigenständige Pflichtverletzung darstellt).
  2. Das Vollzugsverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Dritten begründet zwar Rücksichtnahmepflichten aus § 241 II BGB (zB wenn der Schuldner dem Dritten anlässlich der Leistung Verletzungen zufügt, oder umgekehrt), aber keinen Vertrag und keine sonstigen Ansprüche. Der Dritte hat - dem eindeutigen Wortlaut des § 328 I BGB entsprechend - einen unmittelbaren Anspruch gegen den Dritten, der aus dem VzD folgt. Ob er auch einen Anspruch gegen den Gläubiger/Versprechensempfänger hat, hängt von deren Rechtsbeziehung ab, die eine andere als der VzD ist.
Beste Grüße
Prof. Dr. Thomas Riehm
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riehm01
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